Heimatkundlicher Abend bei der Frankenwaldverein Ortsgruppe Nurn
Nurn, hf. Es war ein interessanter, aber ebenso unterhaltsamer und amüsanter geschichtlicher Vortrag, den der Heimatkundler Hilmar Ströhlein aus Geroldsgrün-Silberstein bei einer Abendveranstaltung der Frankenwaldvereins-Ortsgruppe Nurn im Vereinslokal Deuerling bot. Die Zuhörer folgten gespannt den historischen Ausführungen, die von teils kuriosen Ereignissen früherer Zeit aus dem Steinwiesener Ortsteil und umliegenden Orten geprägt war. Die Begebenheiten hatte Ströhlein zumeist aus Archiven oberfränkischer Städte sowie einstiger Pressen wie der Bayerischen Ostmark-Zeitung, Fränkischer Wald oder Hofer Anzeiger in langwieriger und mühsamer Kleinarbeit zusammengetragen.
Zu Beginn seiner Ausführungen sagte der Redner zu den Anwesenden: „Arm ist der Mensch, der seine Heimat verliert, noch ärmer ist der, der sie vergisst.“
Eine erste epochale Feststellung war, dass sich im Januar 1935 die Einwohnerzahl von Nurn auf 438 belief. Als Vergleich: Aktuell beträgt sie 416; im Jahre 2010 lag sie bei 501 Personen. Dass man in Nurn schon immer Feste feiern konnte, belegt ein Ereignis vom Oktober 1935. Damals war niedergeschrieben worden: „Einen sehr schön gelungenen Umzug mit schön geschmückten Erntewagen gestaltete die kleine Gemeinde Nurn. Besonders nennenswert ist die gute Organisation, da die Ortsverhältnisse es fast unmöglich erscheinen lassen, dass mit so geringen Mitteln solches geleistet werden kann.“
Der „Grenzbote“ schrieb am 7. Februar 1910, dass das Bezirksamt auf die Anschaffung von einwandfreien Spucknäpfen in Gastwirtschaften drängt. Die Herren Kautabak-Liebhaber waren aber der Meinung, dass man nicht bei jedem Spotzele zum Spucknapf laufen könne. Das wäre ja eine permanente Napfbelagerung.
Von einem schweren Unglücksfall berichtete die Fränkische Presse im Februar 1928. „Der 32 Jahre alte Landwirt F. Wunder fuhr mit einem Kuhgespann einen Doppelzentner Schleifholz nach Steinwiesen. Auf der vereisten Straße kam der Wagen ins Rutschen und kippte um und begrub Wunder unter sich. Man konnte ihn nur noch als Leiche vorziehen, die Last hat ihn das Rückgrat abgedrückt.“
Einen traurigen Ausgang nahm am 24. Juli 1875 ein Streit. Ein 13-jähriger Nurner Junge geriet anlässlich der Kirchweih mit einem neunjährigen Tschirner in Streit. Wörtlich heißt es: „Beide zogen die Messer und der 13-Jährige stach den Neunjährigen sein Messer derartig in die linke Seite, sodass dieser Knabe gestern den Geist aufgab.“ In der Bayerischen Ostmark-Zeitung war am 3. Februar 1937 zu lesen: „Unter großer Teilnahme wurde heute dem verlebten Zimmermeister J. Wunder das letzte Geleit gegeben. Johann Vogler von der Soldatenkameradschaft widmete den Dahingeschiedenen Kameraden warme Worte des Dankes und der Anerkennung.“ Bereits im Juli 1884 wurde im Rieblicher Revier ein Bauer aus Nurn durch einen Schrotschuss zu Boden gestreckt aufgefunden. Er konnte erst nach 24 Stunden auf seinem Leiterwagen nach Hause gefahren werden. „Derselbe soll sich schon seit längerer Zeit als Wilderer befleißigen.“
1907 schien eine Art Versteigerungsjahr für mehrere Bürger gewesen zu sein. So gab der Gerichtsvollzieher am königlichen Amtsgericht Nordhalben bekannt, dass in einem Fall eine Kuh, in einem weiteren Fall zwei Läuferschweine, einige Wochen später fünf beschlagene Bauhölzer, eine junge Ziege, eine tragende Kuh von roter Farbe, 40 Zentner Heu sowie eine fünfjährige schimmelige Kuh-Blesse zwangsweise gegen Barzahlung an den Meistbietenden versteigert werden. Am 25. März 1937 wartete bei einer Bauernversammlung Fräulein Gröger aus Kronach mit einem Vortrag über Geflügelzucht und Gartenbau auf. „Leider musste man gerade die Bäuerinnen, denen sowas in erster Linie angeht, vermissen.“ Erfreulich sei im November des gleichen Jahres gewesen, dass innerhalb von acht Tagen drei Hochzeiten in Nurn stattfanden. So verheirateten sich ein Steinmetz mit einer Fabrikarbeiterin, ein Forstarbeiter mit einer Hausangestellten und ein Maschinenführer mit einer Landwirtstochter.
Glück hatte im Oktober 1908 ein einheimischer Musiker wegen Tierquälerei vor dem Nordhalbener Schöffengericht. “Die Zeugen waren ihm so günstig, dass ein Freispruch erfolgen musste.“ Derjenige, der den angeblichen Tierquäler angezeigt hatte, hingegen wurde zur Tragung der Verhandlungskosten verurteilt.
Im benachbarten Steinwiesen wurde ein ausgefallenes Ereignis vom 30. März 1909 festgehalten. Am Mariä Verkündigungsfest betranken sich zwei sonst so christliche Männer, dass sie bewusstlos und halb lahm wurden. Einer wurde mit den Sterbesakramenten versehen.
Im Dezember 1902 fand eine Jagd im Bezirk Birnbaum statt. „Zwölf Schützen und 24 Treiber erlegten einen Hasen.“ In Effelter wurde ein Ökonomensohn beim Verlassen der Gastwirtschaft von zwei Burschen mit Knüppeln derart niedergeschlagen, dass er schwerverletzt nach Hause getragen wurden musste. Wie sich herausstellte, galt der Überfall einem anderen. In Kronach gab es im Februar 1891 Rüffel für Heiratende. Da beobachtet wurde, dass Brautpaare vor dem Standesamt in einer nicht festtäglichen beziehungsweise nicht angemessenen Kleidung erschienen, machte der Standesbeamte bekannt: „Man erwarte für die Zukunft, dass die Brautpaare und die Zeugen bei der bürgerlichen Trauung zumindest in dunkler Kleidung erscheinen.“
Die weiteren vorgetragenen Ereignisse von Hilmar Ströhlein betrafen noch mehrere Orte im Landkreis. Seine geschilderten Begebenheiten aus der Historie wollten einfach kein Ende nehmen. Als es dann doch so weit war, erntete der Redner den viel verdienten Beifall seiner aufmerksamen Zuhörer. Er bedankte sich mit einer Zugabe von Sprüchen aus dem Frankenwald, wie zum Beispiel: „Ich ärbet gern, obe unter der Woch möcht ich mei Ruh houm.“